WhatsApp Business und die große Datenschutzillusion: WhatsApp wirbt seit Jahren mit einem scheinbar klaren Versprechen: „Alle Nachrichten sind Ende-zu-Ende-verschlüsselt.“ Für viele Nutzer:innen klingt das nach maximaler Sicherheit – als könnten nur Sender und Empfänger die Inhalte einer Nachricht sehen. Doch ein Blick auf die Datenschutzinformationen zu WhatsApp Business offenbart: Diese „gefühlte“ Sicherheit hat erhebliche Lücken, insbesondere dann, wenn Unternehmen als Nutzer von WhatsApp Business ins Spiel kommen.
Die schöne Fassade der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
Ja, technisch gesehen werden Nachrichten auf dem Weg vom Nutzergerät zum Unternehmen durch das Signal-Protokoll verschlüsselt. Das klingt beruhigend – und ist es auch, solange sich die Daten noch auf dem Transportweg befinden. Doch die eigentliche Schwachstelle beginnt nach der Ankunft der Nachricht beim Unternehmen.
Denn sobald die Nachricht beim Unternehmen ankommt, endet der Schutz der Verschlüsselung. Von diesem Moment an gelten die Datenschutzpraktiken des Unternehmens – und diese können sich dramatisch von den Standards unterscheiden, die Nutzer:innen von einem Messenger erwarten.

Meta liest (doch) mit – indirekt, aber effektiv
Besonders kritisch ist die Tatsache, dass Unternehmen Meta selbst beauftragen können, um Kundenkommunikation zu speichern und zu beantworten. In solchen Fällen erhält Meta direkten Zugriff auf Nachrichten – auch wenn betont wird, dass diese nicht automatisch für Werbeanzeigen verwendet werden.
Ein weiteres Einfallstor für Meta ist die Nutzung KI-gestützter Antwortsysteme. Auch hier gehen die Inhalte an Meta, angeblich zur „Qualitätsverbesserung“ der KI. Die Formulierungen sind vage – und genau das ist problematisch. Denn sie öffnen Tür und Tor für die Datenverarbeitung zu Zwecken, die Nutzer:innen nicht transparent nachvollziehen können.
Ein Missverständnis mit System
Viele Nutzer:innen gehen davon aus, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch bei der Kommunikation mit Unternehmen bedeutet, dass niemand außer ihnen und dem Unternehmen Zugriff auf ihre Daten hat. Doch tatsächlich kann ein Unternehmen:
- Nachrichten mit Drittanbietern teilen,
- Inhalte für Marketingzwecke nutzen – z. B. zur Werbung auf Meta-Plattformen,
- mehrere externe Nachrichtentools verwenden, die wiederum eigene Datenschutzpraktiken verfolgen,
- oder Meta selbst den Zugriff erlauben.
All das geschieht nach Eingang der Nachricht – und somit außerhalb des Schutzbereichs der Verschlüsselung. Damit wird die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu einem Marketingargument mit eingeschränkter Gültigkeit.
Besonders sensible Branchen und Organisationen: Ein gefährlicher Drahtseilakt
Was diesen Sachverhalt noch kritischer macht, ist die Tatsache, dass auch besonders sensible Unternehmen und Institutionen WhatsApp im Einsatz haben – entweder offiziell oder inoffiziell durch einzelne Mitarbeitende oder Standorte. Darunter:
- Banken und Finanzdienstleister
Einige Kreditinstitute bieten bereits Kundenservice über WhatsApp an – ein potenzielles Einfallstor für höchst sensible Informationen wie Kontodaten, Kreditfragen oder Investitionspläne. - Ärztliche Praxen, Kliniken und Apotheken
In der medizinischen Kommunikation (Terminabsprache, Rezeptbestellungen, Vorabdiagnosen) gelangen personenbezogene Gesundheitsdaten schnell in riskante digitale Umgebungen – die laut DSGVO besonders schutzwürdig sind. - Versicherungen
Von der Schadensmeldung bis zur Beratung: Auch hier geht es um persönliche Daten, Einkommensverhältnisse, Diagnosen, Vertragsdetails – allesamt extrem sensibel. - Soziale Einrichtungen & Psychologische Dienste
Einrichtungen der Jugendhilfe, Therapieangebote oder Beratungsstellen greifen mitunter auf WhatsApp zurück, obwohl gerade hier Diskretion und Schutz der Privatsphäre essenziell wären. - Anwaltskanzleien & Steuerberatungen
Wo juristische oder steuerliche Daten fließen, sollte Datenschutz oberste Priorität haben. Dennoch nutzen einige Kanzleien WhatsApp für Klientenkommunikation – ein riskanter Weg. - Behörden & Kommunalverwaltungen
Auch auf Verwaltungsebene zeigen sich Fälle, in denen Mitarbeitende WhatsApp z. B. für schnelle Rückfragen mit Bürger:innen einsetzen – oft ohne formale Zustimmung oder Kontrolle über Datenflüsse. - Schulen und Bildungseinrichtungen
Klassenchats, Elternkommunikation, Krankmeldungen – besonders mit minderjährigen Betroffenen ist die Nutzung problematisch und rechtlich zweifelhaft.
Vertrauen ist gut, Verschlüsselung allein aber nicht genug
WhatsApp – und damit Meta – schafft es geschickt, Sicherheit zu suggerieren, wo in Wahrheit ein komplexes Netz aus Datenweitergabe, Drittanbietern und KI-Auswertungen besteht. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist hier ein Etikett, das nicht hält, was es verspricht – zumindest nicht in der Unternehmenskommunikation.
Wer auf echten Datenschutz und Privatsphäre Wert legt, sollte sich gut überlegen, ob WhatsApp wirklich der richtige Kanal für geschäftliche oder sensible Kommunikation ist. Alternativen gibt es – und sie verzichten nicht auf Datenschutz, sobald eine Nachricht am Ziel ankommt.
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